• Theorie-Praxis-Transfer durch eine semesterbegleitende (fiktive) Lerngruppe

    Posted by Petra Büker on 11. Juli 2025 at 11:25

    In diesem Semester habe ich wieder ein Einführungsseminar zum professionellen Umgang mit Heterogenität in der Grundschule gegeben. Hier geht es darum, Studierende des zweiten Bachelor-Semesters mit den Grundlagen des Heterogenitätsbegriffs, mit verschiedenen Heterogenitätsdimensionen und den Problematiken wie Stereotypisierungen, Kategorisierungen, Pathologisierungen etc. vertraut zu machen. Um einen guten Theorie-Praxis-Transfer zu gewährleisten, haben die Studierenden ab der ersten Sitzung eine (fiktive) Lerngruppe kennengelernt. Wir haben sie „die Bärenklasse“ genannt, eine jahrgangsgemischte Lerngruppe aus Dritt- und Viertklässlern. Die Studierenden haben sich vorgestellt, sie seien das neue Lehrkräfteteam, das diese Klasse nach den Sommerferien übernimmt. Zu Beginn war nur der „Sitzplan“ mit den Namen der Kinder bekannt. Über das Semester hinweg haben die Studierenden nach und nach verschiedene Kinder dieser Lerngruppe kennengelernt, auf die bestimmte Heterogenitätsdimensionen (wie Armutsbedrohung, Fluchterfahrung, ..) in besonderer Weise zutreffen und die es zu berücksichtigen gilt. In einem semesterbegleitenden Workbook wurden ca. alle drei Wochen Aufgaben gestellt, in denen die Studierenden die im Seminar erlernten Inhalte auf die „Bärenklasse“ anwenden konnten. Einmal sollten sie beispielsweise ein Konzept entwickeln, wie die Angebote aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für die Kinder der Bärenklasse sinnvoll genutzt werden können. Eine andere Aufgabe bestand beispielsweise darin, einen Elternabend zu konzipieren, an dem sie ihr Konzept zum Umgang mit Leistungsheterogenität in der Bärenklasse erläutern. Darüber hinaus entwarfen sie pädagogische Angebote, um ein Kind mit aktueller Fluchterfahrung in die Klasse zu integrieren und dabei mit der Schulsozialarbeiterin zu kooperieren. Dabei galt es, explizite Bezüge zur Theorie herzustellen. Die Studierenden hatten große Freude daran, die Perspektive des Klassenlehrkräfteteams einzunehmen und an konkreten Fallbeispielen a) über einen professionellen Umgang mit Heterogenität zu reflektieren und b) praxisbezogene Lösungsansätze zu gestalten, die sie später oder im nächsten Praktikum ausprobieren können. .Es erwies sich jedesmal als ein besonderer Spannungsmoment, wenn wieder ein neues Kind der Bärenklasse, von dem bislang nur der Name bekannt war, „aufgedeckt“ wurde. Das Ziel des Seminars, eine so genannte „Heterogenitätssensibilität“ zu entwickeln, blieb auf diese Weise nicht abstrakt, sondern wurde mit Leben gefüllt. Gleichzeitig bildete die fiktive Lerngruppe für das Seminar einen permanenten gemeinsamen Bezugspunkt. Die Vorstellung, das Lehrkräfteteam dieser Klasse zu sein, hat zudem den WIR-Gedanken gestärkt, was eine wichtige Basis für die inklusive Grundschule bildet. Mein Fazit: Kleine Idee- großes Wirkung. Wer sich für Details dieses Konzepts interessiert, Rückfragen hat, kritisch über Chancen und Grenzen diskutieren möchte, schreibt am besten ins Forum!

    Petra Büker replied 5 days, 11 Stunden zuvor aktiv. 1 Member · 0 Replies
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